Anna und die alten Männer
In ihrer Heimat ist Anna Ternheim längst ein Star. In Deutschland wollte ihr der Durchbruch bislang nicht gelingen. Obwohl sie auch hier schon lange als Geheimtipp gilt. Mit ihrem vierten Album unternimmt die 33-Jährige jetzt einen neuen Versuch. Ich traf die Schwedin nach einem Kurzauftritt in Hamburg zum Interview. Die Themen: Alte Männer, magische Instrumente und das Leben in der Großstadt.
Ganz oben, über den Dächern von Hamburg, zeigt sich die Welt von ihrer grauen Seite. Vor dem Fenster verlieren sich fünf oder sechs Autos auf einem großen Parkplatz. Die Farbe des Himmels mischt sich makellos mit dem Beton, der die Fahrzeuge an ihrem Platz hält. Auch hinter den Glasscheiben findet sich wenig, das zum Bleiben einlädt. Es ist düster.
Ein länglicher weißer Tisch steht mitten im Raum. Darauf: Getränke, Kekse, Kuchen und Brötchen – eine angefangene Packung Cannelloni. Auf einem Plastikstuhl sitzt Anna Ternheim: schwarze Hose, schwarze Schuhe, schwarze Lederjacke. Die blonden Haare fallen der Schwedin immer wieder ins Gesicht. Auf einem Schrank neben ihr liegt ein Gitarrenkoffer, auf dem Boden steht ein silberner Rolly. Sie sieht ein wenig kaputt aus. Norwegen, Schweden, Großbritannien – die 33-Jährige ist viel unterwegs. Ihr neues Album ist draußen. Gestern Berlin. Ein Konzert und Interviews. Heute Hamburg, wieder ein Auftritt. Morgen Paris, dann wieder Norwegen. Jetzt sitzt sie hier. Über den Dächern von Hamburg.
Dein neues Album heißt „The Night Visitor“ – wie kam es zu diesem Namen?
Der Titel stammt von einem Lied. “The Night Visiting Song” von Luke Kelly. Mein Produzent Matt (Matt Sweeney, Anm. d. Autors) spielte es mir eines Tages vor, und wir dachten darüber nach, ob das nicht ein guter Titel wäre. Der Gedanke hat sich dann festgesetzt. Der Titel bringt die Stimmung des Albums gut rüber. Die Namen der ersten drei Alben waren sehr ich-bezogen. Sie waren zurückblickend und gehörten einfach dazu. Diesmal war es anders. Titel entwickeln sich mit der Zeit. Man weiß nie, wie sie eigentlich entstehen. „The Night Visitor“ erzeugt Bilder. Er lässt Raum für Phantasie. Ein guter Titel sollte das können.
Es gibt auch einen schwedischen Horrorfilm namens „The Night Visitor“…
Ja. Mit Max von Sydow. Ich weiß. Aber das muss ja nicht schlecht sein. Max von Sydow ist ein großartiger Schauspieler. Alles, wo er mitspielt, ist toll.
Hast du den Film gesehen?
Nein. Aber ich muss ihn mir jetzt mal angucken. Du bist der Zweite, der mir davon erzählt. Aber bisher sind noch nicht viele darauf eingestiegen. Ich habe ja auch erst später davon erfahren. Also, dass es diesen Film gibt.
Ich bin mir nicht ganz sicher, aber war das zweite Lied auf deinem neuen Album – „The Longer the Waiting, the Sweeter the Kiss“ – dein erstes Duett?
Es ist das erste, das es auf eine CD geschafft hat. „Lovers Dream“ hatte ich früher schon als Duett mit Fyfe Dangerfield von den Guillemots gesungen. Aber das erschien erst nach meinem zweiten Album. Ich mochte das Resultat, aber diesmal war es irgendwie anders. Das Duett mit Ferg (Dave Ferguson, Anm. d. Autors) ist mehr aus sich selbst heraus entstanden. Es war einfach perfekt. Als ob das Lied für zwei Stimmen geschrieben wurde. Als ob es für uns geschrieben wurde. Seine dunkle, schwere Stimme und meine, die darüber schwebt. Keine Konfrontation – nur Musik.
War es schwierig?
Nein, es war ganz natürlich. Wir haben uns hingesetzt und angefangen, zu spielen. Und es klang gut. In der Musik beruht vieles auf dem richtigen Gefühl. Dem muss man vertrauen. Ich wollte es nicht schwierig oder kompliziert machen, sondern den Weg gehen, der am einfachsten ist. Das habe ich auf dem neuen Album versucht. Früher dachte ich, wenn etwas einfach und schnell ist, dann kann es nicht gut sein. Daran wäre ich während der Arbeit an „Separation Road“ fast zerbrochen. Und es stimmt einfach nicht. Wenn die Instrumente richtig klingen, dann muss man sie nicht noch einmal und noch einmal aufnehmen. Dann sollte man sich auf sein Gefühl verlassen.
Für dein neues Album hast du mit vielen Legenden aus Nashville zusammengearbeitet…
Ja. Ferg zum Beispiel, mit dem ich das Duett gesungen habe. Er ist einer der wenigen in Nashville, die tatsächlich dort geboren und aufgewachsen sind. Mit 17 Jahren hat er angefangen, Musik aufzunehmen. Das hat er sein ganzes Leben lang gemacht. Er ist Nashville, er gehört dorthin. Drei Jahrzehnte lang hat Ferg mit Johnny Cash zusammengearbeitet. Und dabei war er noch einer der Jüngsten, die ich dort kennengelernt habe. Ferg war der Schüler und Cowboy sein Lehrer.
Genau. Cowboy spielt bei einem meiner Lieder Gitarre. Er kam eines Tages im Studio vorbei, wollte eigentlich nur rumhängen. Das macht er gerne. Und viel. Er war der Meinung, dass Musik fröhlich sein muss. Alles in Dur – kein Moll. Er hat immer gesagt: Wenn wir keinen Spaß haben, machen wir unsere Arbeit nicht richtig. Bei „Walking Aimlessly“ spielt er Gitarre. Das Lied hat nur einen Moll-Akkord. Aber Cowboy sagte: Ich weiß nicht, ob ich das machen kann. (lacht) Aber wir konnten ihn überzeugen, und er mochte es.
Wenn Cowboy bei uns war, erzählte er auch gerne Geschichten von früher. Dann erinnerte er sich an 1956, als er Johnny Cash, Elvis, Jerry Lee Lewis und Carl Perkins zur gleichen Zeit aufnahm. Das war schon unglaublich. Ich saß da mit Männern, die bei der Geburt des Rock’n’Roll dabei waren. Und dann noch dieser große Altersunterschied. Cowboy ist 80 Jahre alt, ich 33. Aber wir haben harmoniert, wir haben uns sehr gut verstanden.
Dein letztes Album hatte Björn Yttling von „Peter Bjorn and John“ produziert.
Ja, bei „Leaving on a Mayday“ waren es nur Björn und ich. Alles was ich tun musste war, mich auf meine Stimme zu konzentrieren. Diesmal war es anders. Irgendwie lebendiger. Natürlicher.
Aber schränkt die Arbeit mit so vielen Künstlern nicht auch ein? Wenn Du jetzt auf Tour gehst, wird Dave Ferguson dich kaum begleiten können, oder?
Wer weiß? (lächelt) Mal abwarten. Aber natürlich sind Album und Tour zwei unterschiedliche Dinge. Ich habe Pop-Alben aufgenommen, auf denen jede Menge Streicher zu hören sind. Aber auf der anschließenden Tour habe ich dann nur akustisch gespielt. Manchmal kann man eine Band mitnehmen, manchmal nicht. Aber das ist ja das Schöne an den Liedern. Man findet immer einen Weg oder Ort, damit sie funktionieren. Das wird diesmal genauso sein. Und ich bin vorbereitet.
Einige Lieder auf dem neuen Album sind immer weiter gewachsen. Die meisten wurden jedoch live aufgenommen. Wie bei einem Konzert: Gitarre, Gesang – nur ich und Matt und der Gesang. Nimmt man das Drumherum weg, bleibt die Idee erhalten. Anders, aber die Lieder sind immer noch da.
Also diesmal keine „Naked-Versions“ wie bei „Somebody Outside“ und „Separation Road“? Damals hattest du die Lieder nochmal akustisch eingespielt.
Auf den ersten zwei Alben hatte ich das Gefühl, noch etwas zu Ende bringen zu müssen. Ich wollte es einfach. Aber „Naked-Versions“ hätten diesmal keinen Sinn ergeben. Bonus-Material und Special-Editions sind dafür da, noch etwas zu erzählen. Etwas, das dir auf dem Album nicht gelungen ist. Du willst es zu Ende bringen. Irgendwie. Falls das überhaupt möglich ist.
Bei „The Night Visitor“ bot sich ein Video an. Zum Ansehen, zum Reinfühlen: die Fingerpicking-Session. Wir sitzen vor Dave Fergusons Haus. Dort hielten wir uns in Nashville die meiste Zeit auf. Wir sitzen also da und jammen. Viele alte Männer, und ich.
Auf der Special Edition von „Leaving on a Mayday“ gibt es fünf Coverversionen von Frank Sinatra-Liedern. Wie kam es dazu?
Ich schrieb damals die Musik für ein Theaterstück in Schweden. Das Stück hieß „City Lights”, die Stadt war New York. Darum wollte der Regisseur auch mit „New York, New York” anfangen. Also habe ich das Lied bearbeitet. Dann hat es sich immer weiterentwickelt, zu einem musikalischen Gerüst. Am Anfang war da nur die Idee des Regisseurs. Dann kam ein Lied, dann noch eins. So ist es manchmal. Vorher zu sagen, so und so wird es werden, funktioniert einfach nicht.
Erst darüber gesungen, vor drei Jahren bist du dann hingezogen. Warst du früher schon einmal in New York?
Ja. Aber damals war ich noch sehr jung. Vor sechs Jahren kam ich dann zur Silvesterfeier wieder nach New York. Ich übernachtete bei einer Freundin und verbrachte ein wenig Zeit in der Stadt. Wenn man verreist, verliebt man sich manchmal in einen Ort. Man kann sich vorstellen, dort zu leben. Aber man zieht nicht um. Schließlich freut man sich auch, wieder nach Hause zu kommen. Doch irgendetwas hatte mich damals berührt. Und so war es nicht wegen der Musikszene oder meiner Arbeit – es war die Stadt, die mich anzog. Es war New York.
Wie kommt eine Frau aus dem ruhigen Stockholm im emsigen New York zurecht?
Ich bin oft allein in meiner Wohnung und arbeite. Dann schließe ich den Lärm aus, sitze in meiner Blase, und schreibe Lieder. Wenn es mir zuviel wird, gehe ich vor die Tür. Da gibt es einfach alles. Da wartet das gesunde Chaos. Man kann eintauchen, sich von der Masse verschlucken lassen. New York lebt. Ich lebe. Wir passen einfach gut zusammen.
Was ist das Besondere an der Stadt?
Was mir immer wieder auffällt, wenn ich zurückkomme, ist das Licht. Die Energie, die greifbar ist. Menschen überall. Bewegung. Und die vielen Kulturen. Die Menschen kommen aus allen Ecken der Welt. New York ist eine spezielle Stadt. Man mag sie, oder man mag sie nicht. Viele Menschen, die dort leben, wurden nicht dort geboren. Sie kommen nach New York, um etwas zu erledigen. Dann gehen sie wieder. Ich weiß nicht, wie lange ich bleiben werde. Vielleicht wache ich eines Tages auf und denke, das ist mir alles zu verrückt. New York ist kein leichtes Pflaster. Jeder kämpft dort um sein Leben. Jeden Tag.
Also kannst du dir vorstellen, eines Tages nach Europa zurückzukehren?
Vielleicht. Das ist eine Sache, die ich an meiner Arbeit liebe. Ich gehe dorthin, wo sie mich hinträgt. Lieder schreiben kann ich überall. Dafür brauche ich kein New York. Ich könnte auch in Hamburg ein Album aufnehmen. Oder in Nord-Schweden leben. Wenn ich Freunde bei mir habe und alles stimmt, dann kann ich überall glücklich sein. Dann bin ich überall zuhause. Sogar auf der Autobahn.
Hast du Harry Potter gelesen oder gesehen?
Nein.
Bei Harry Potter gibt es einen Laden. Alle jungen Zauberschüler gehen dorthin und kaufen einen Zauberstab. Der Zauberstab sucht sich seinen Halter aus. Ich habe gelesen, dass du in Brooklyn in einem Gitarrenladen warst. Und dort eine Gibson gefunden hast. Hat dich diese Gitarre ausgewählt wie die Zauberstäbe ihre Halter?
Ich glaube schon. Als ich das letzte Mal geflogen bin, meinte die Crew, ich könnte die Gitarre nicht mit an Bord nehmen. Da hab ich gesagt, dass das nicht geht: „Sie ist magisch! Sie verstehen nicht, es ist eine magische Gitarre! Die nehme ich mit an Bord oder Sie müssen mich rausschmeißen!” (lacht) Dann haben sie mich tatsächlich reingelassen. Es war noch ein Sitzplatz frei. Da konnte ich sie anschnallen.
Die Gibson ist das erste Instrument, das mir wirklich etwas bedeutet. Ich verdanke ihr viel. Sie hat die Richtung des neuen Albums vorgegeben. Instrumente können so etwas. Es gibt einen alten Spruch: „Wenn dir keine Lieder mehr einfallen, kauf dir ein neues Instrument!”
Die Gitarre hat sich mich ausgesucht. Es ist auch eine physikalische Verbindung. Ich habe eine bestimmte Handgröße, eine bestimmte Technik, wie ich spiele. Es hat einfach gepasst. Es klingt, wie es klingen muss. Ich hatte die Musik schon in mir, bevor ich die Gibson gefunden habe. Also ja – sie ist mein magischer Zauberstab. (lacht)
Wann hast du deine erste eigene Gitarre bekommen?
Ich war damals zehn Jahre alt. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich noch nie darüber nachgedacht, ein Instrument zu lernen. Aber in Schweden müssen alle Schüler einen Test machen. Das sind von der Regierung finanzierte Musikstunden. Ich schnitt ziemlich gut ab und durfte mir aussuchen, welches Instrument ich lernen möchte. Also nahm ich zwei Jahre lang Unterricht und bekam zu Beginn eine Gitarre geschenkt.
Noten kann ich bis heute nicht lesen. Alles andere habe ich mir selbst beigebracht. Ich habe gelernt, in dem ich anderen Menschen zugesehen habe. Man wird nur gut in etwas, wenn man sich damit beschäftigt. Und ich habe eine Menge Zeit damit verbracht, Lieder zu schreiben.
Deine Plattencover und die Fotos in deinen Alben sind häufig sehr künstlerisch. Wie wichtig sind Bilder für dich?
Wahnsinnig wichtig! Leider habe ich mich bisher viel zu selten damit beschäftigt. Man bringt nur einen Bruchteil der Zeit, die man in ein Album investiert, für das Cover auf. Irgendwann fällt dir dann ein: Oh, du brauchst noch Bilder! Dann machst du dich auf die Suche. Aber es ist nie einfach. Selten drücken Bilder das aus, was die Musik vermitteln will.
Für mein letztes Album habe ich mit einer Künstlerin zusammengearbeitet, die ich sehr mag. (Helena Blomqvist, Anm. d. Autors) Ich weiß nicht, ob das dann gezwungenermaßen auch auf die Musik abfärbt, aber ich mochte die Stimmung, die in den Bildern lag.
Die Bilder auf meinem neuen Album stammen aus Filmaufnahmen. Für das Cover hab ich schon ordentlich Kritik einstecken müssen: „Es ist zu dunkel. Man kann kein Gesicht erkennen…“ Ich liebe es. Ich mag, dass es dunkel ist. Alle Fotos sind Standbilder. In Nashville sind viele Videos entstanden. Von der Zeit im Studio, von den Fingerpicking-Sessions. Das war alles so echt, so lebendig. Das sollten die Bilder widerspiegeln. Also entschied ich mich, nur mit den Filmaufnahmen zu arbeiten und dort auf Motivsuche zu gehen.
Bilder sind wichtig. Es gibt eine ganze Welt zu entdecken und ich sollte viel häufiger damit arbeiten.
Fotografierst du auch selbst?
Ja. Tatsächlich. (steht auf und geht zu ihrer Tasche) Das sind Fotos von den letzten paar Tagen. (zieht viele kleine Abzüge aus ihrer Tasche und wühlt mit den Händen darin herum) Ich mag Polaroid-Fotos. Sie sind ein Weg, Erinnerungen zu bewahren. (nimmt ein Bild, auf dem zwei Menschen eine Flasche Bier in der Hand halten und Spaß haben) Auch Dinge, die man nicht in der Zeitung liest. (lacht) Die sind nicht wirklich künstlerisch. Aber sie sind ja auch nur für mich.
Was gefällt dir besser? Eigene Lieder zu singen oder andere Lieder zu covern und ihnen eine persönliche Note zu verleihen?
Das kommt drauf an. Manche Coverversionen spiele ich wirklich gerne. Aber eigentlich schreibe ich Musik, damit ich nicht die Lieder von anderen Künstlern singen muss. Ich kann das einfach nicht genießen. Vielleicht bin ich selbst schuld, weil ich beim Lernen nicht so viel Zeit investiere. Ein Lied muss mich wirklich umhauen, damit ich da rangehe. Anscheinend bin ich in meiner eigenen Blase gefangen. Andererseits gibt es aber auch Lieder von mir, die ich nicht spielen will – die sich nicht mehr gut anfühlen, wenn ich sie spiele.
Was verrät dein iPod über dich?
Zunächst mal nicht sehr viel. Da ist kaum Musik drauf. Wahrscheinlich zehn verschiedene Abmischungen des letzten Albums, die ich mir angehört habe. Schließlich ist es erst seit kurzer Zeit auf dem Markt und ich habe lange hin und hergehört. Gefällt mir dies, finde ich das besser…
Ansonsten sauge ich immer das auf, was mich gerade umgibt. Glücklicherweise habe ich immer Menschen um mich herum, die mich mit Musik erziehen. Früher hab ich zum Beispiel nie viel Country-Musik gehört. Aber als ich nach Nashville ging und Zeit mit den Leuten dort verbrachte – das hat mich dem Country näher gebracht. So habe ich einen Weg hinein gefunden. Gordon Lightfoot, Mickey Newbury – plötzlich ist man mitten drin in einer neuen Welt voller Musik, die man erkunden kann.
Ich höre mir vieles an. Aber natürlich gibt es eine Menge Lieder, die ich noch nicht kenne. Man sucht sich immer die richtige Musik zur passenden Zeit. Die Musik findet einen. Denn sie ist so vielfältig. Wenn man sie braucht, hilft sie einem. Wenn man ausgehen will, verspricht sie Spaß. Wenn man durch eine schwere Zeit geht, lindert sie den Schmerz. Ich bin immer auf der Suche nach der Musik, die ich gerade brauche. Und in letzter Zeit waren das Sänger und Liedermacher wie Judee Sill. Von der hatte ich noch nie zuvor gehört. Aber auch sie ist jetzt auf meinem iPod. Wunderschöne Musik und ein faszinierender aber auch trauriger Lebenslauf.
Man hat dich als junge Frau mit alter Seele beschrieben. Fühlst du dich tatsächlich so?
(lacht) Das ist eine gute Frage. (überlegt lange) In bestimmten Dingen entspreche ich sicher nicht meinem Alter. Die Puzzleteile sind noch längst nicht alle an ihrem Platz. Vielleicht konnte ich deswegen so gut mit diesen alten Männern in Nashville zusammenarbeiten. Vielleicht haben wir uns auf halbem Weg getroffen. Sie waren die alten Männer mit den jungen Seelen und ich der Gegenpol. In jedem Menschen steckt mehr als nur eine Person. Ich bin eine Mischung aus einer sehr, sehr alten Dame und einem 13-jährigen Jungen.
Anna Ternheim wurde am 31. Mai 1978 in Stockholm geboren. In der Schule gefördert, begann sie schon früh, Gitarre zu spielen. Ihr erstes Album „Somebody Outside“ erschien 2004. Im Abstand von jeweils zwei Jahren folgten „Separation Road“ und „Leaving on a Mayday“. Die Schwedin wohnt momentan in New York.