Island
Fotos & Text: Jörgen Camrath
Es gibt nur wenige Länder, die auf mehr Bucket Lists stehen, als Island. Wer noch nicht dort war, möchte unbedingt hin. Und wer bereits das Vergnügen hatte, der wartet sehsüchtig auf das nächste Mal. Doch kann das Land dem Hype tatsächlich gerecht werden?
15.55 Uhr. Ankunft am Flughafen Keflavík. Vom grauen Himmel fallen ein paar Regentropfen. Soweit alles normal für einen Tag Anfang Mai in Island. Mit den Koffern geht es Richtung Ausgang. Immer auf der Suche nach einem Schild mit der Aufschrift Ring Rentals. Denn was jetzt noch fehlt: ein Auto.
Tag 1-3
Mit dem Leihwagen geht es von Keflavík in Richtung Osten. Nach etwa einer Stunde Fahrzeit erreichen wir die Unterkunft, das zentral in Reykjavík gelegene Center Hotel Laugavegur. Nach dem Check-in wird noch kurz die Stadt erkundet, bevor der Regen etwas gegen weitere Pläne hat.
Am zweiten Tag steht Sightseeing auf dem Programm. Mittlerweile ist die Sonne herausgekommen und Reykjavík präsentiert sich von seiner schönsten Seite. Nach einem Kaffee-Stopp bei Reykjavík Röst geht es am Hafen entlang zu einer Outdoor-Installation von Ólöf Norda – bevor die Innenstadt mit Rathaus, Regenbogen-Straße und Hallgrimskirche folgen. Kurzfristig schieben wir noch einen Besuch im Harpa-Konzerthaus ein und stärken uns in der hervorragenden kleinen Bäckerei Brauð & Co.
Tag 3-5
Nach zwei Nächten in Reykjavik geht es weiter Richtung Osten – immer die Ringstraße entlang. Auf eine erste kleine Wanderung zu den Reykjadalur-Thermalbädern folgt ein Zwischenstopp am Kerið-Krater, bevor der Strokkur-Geysir und der Gullfoss-Wasserfall die Highlights des Tages komplettieren. Übernachtet wird im ION Adventure Hotel.
Tag 4 steht ganz im Zeichen des fallenden Wassers. Auf Ægissíðufoss folgen Seljalandsfoss, Gljúfrabúi und Skógafoss. Ein Zwischenstopp mit kleiner Wanderung führt uns zum Seljavallalaug – einem malerisch gelegenen Naturpool in den Bergen. Bevor es ins Hótel Kría in Vík í Mýrdal geht, halten wir noch kurz am dunklen Reynisfjara Strand mit seinen beeindruckend schwarzen Felsen im Meer.
Vík í Mýrdal ist auch wegen seiner hoch über der Stadt thronenden Kirche bekannt. Überhaupt stößt man überall in Island auf die kleinen Gotteshäuser – oft an den abgelegensten Orten. Mehr als 350 Kirchen verteilen sich heute über die ganze Insel. Nicht wenige von ihnen haben sich in den vergangenen Jahren zu beliebten Foto-Spots entwickelt. Auch wir werden in den folgenden Tagen immer wieder kurze Abstecher von der Ringstraße machen, um mit der Kamera auf Motivsuche zu gehen.
Tag 5-7
Bevor wir Vík í Mýrdal hinter uns lassen, machen wir noch einen Spaziergang am Víkurfjara, dem schwarzen Strand der Stadt, und decken uns im Krónan-Supermarkt mit regionaler Schokolade ein.
In den kommenden Stunden präsentiert sich uns Island von seiner beeindruckendsten Seite: Auf Lavafelder folgen gewundene Flussschluchten, auf Wasserfälle die ersten Gletscherseen. Der Ausblick aus dem Autofenster entschädigt für das noch immer recht nasse Wetter.
Rund 300 Kilometer später erreichen wir schließlich die nächste Unterkunft, das Hótel Höfn in Höfn. Nach dem Abendessen im Pakkhús Restaurant (sehr zu empfehlen) geht es früh ins Bett. Denn am nächsten Tag wartet nicht nur blauer Himmel auf uns, sondern auch eine Bootsfahrt über den bekannten Gletschersee Jökulsárlón.
Den Ausflug mit dem Motorboot hatten wir bereits vor Urlaubsbeginn gebucht. Ein Glücksspiel – doch das Wetter spielt mit. So können wir nicht nur kristallklares Wasser und einen riesigen Gletscher bestaunen. Wir kommen auch ein paar heimischen Robben nahe, die sich beim Sonnen auf den schwimmenden Eisbrocken kaum von uns stören lassen.
Zurück an Land geht es noch kurz zum weltberühmten Diamantenstrand mit seinen am Ufer glänzenden Eisskulpturen, bevor wir uns auf den Weg zurück Richtung Höfn machen. Da noch immer keine Wolke am Himmel zu sehen ist, nutzen wir die Gelegenheit und fahren direkt weiter zum nächsten Highlight auf unserer Tour: Stokksnes und das verlassene Wikinger-Dorf.
Tatsächlich ist das Wikinger-Dorf im Südosten Islands nur eine Filmkulisse. Und auch keine besonders moderne. Hier sollte einst ein Film für Universal gedreht werden. Weil am Ende jedoch das Geld fehlte, verfallen die Häuser seit einigen Jahren. Darum lohnt sich der Besuch eigentlich nur, wenn man gleichzeitig der nur wenige Autominuten entfernten Stokksnes-Landzunge mit ihrem spektakulären schwarzen Sandstrand einen Besuch abstattet.
Zurück in Höfn essen wir bei Otto Matur & Drykkur zu Abend und unternehmen im Anschluss noch einen Spaziergang rund um Ósland auf der Südseite der Stadt. Die Lagunensandbank ist ein wahres Paradies für Vögel und ein würdiger Abschluss des Tages. Ein Tag, der geprägt war von bleibenden Eindrücken und perfektem Wetter.
Tag 7-9
Am siebten Tag auf Island fahren wir weiter Richtung Nordosten. Ziel der heutigen Etappe ist das Hotel 1001 Nott in der Nähe von Egilsstaðir. Unterwegs halten wir zunächst für einen Strandspaziergang in Stapinn (Stapavík), bevor auf einer zweistündigen Rundwanderung am Nykurhylsfoss ein paar Höhenmeter gesammelt werden.
Bei Fáskrúðsfjörður wird noch einmal die Ringstraße verlassen, um auf der 955 ein wenig Fjordluft zu schnuppern. Als wir nach einem langen Tag schließlich das Hotel erreichen, warten zwei Hot Pools mit Blick auf den See und ein wunderschöner Sonnenuntergang auf uns.
Tag 8 führt uns zunächst ins malerische Küstenstädtchen Seyðisfjörður. Hier besuchen wir die Seyðisfjarðarkirkja mit ihrer Regenbogen-Straße und schauen anschließend in einer kleinen Galerie im Skaftfell Bistro vorbei. Da alle Cafés noch geschlossen haben, verlassen wir Seyðisfjörður schon bald wieder und machen uns auf den Weg zum Stuðlagil Canyon.
Den Stuðlagil Canyon ist ein beliebter Fotospot und mittlerweile gut mit dem Auto zu erreichen. Zumindest dann, wenn einem der Blick von der neuen Aussichtsplattform genügt. Wer näher ran möchte, der lässt sein Auto entweder am „east side parking“ stehen. Oder er fährt noch ein Stück weiter bis zum nächsten Parkplatz. Von dort sind es dann noch etwa 35 Minuten zu Fuß bis zum Eingang in den Canyon. Und der ist wirklich beeindruckend – aber auch nicht ganz ungefährlich.
Zurück in Egilsstaðir geht es zunächst in die Askur Pizzeria. Anschließend holen wir unsere Badesachen aus dem Hotel und machen uns auf den Weg zum Vök Thermalbad am und im Urriðavatn-See. Egal ob sieben oder 41 Grad Wassertemperatur: Hier lässt es sich wunderbar aushalten. Das liegt auch an der spannenden Architektur des 2019 eröffneten Bades mit seinen im See schwimmenden Infinity Pools.
Tag 9-11
Wir lassen den Osten Islands endgültig hinter uns und fahren weiter Richtung Reykjahlíð. Mit Selfoss, Dettifoss und Hafragilsfoss beginnt der Tag erneut mit ein paar beeindruckenden Wasserfällen. Aber Island wäre nicht Island, wenn auf gigantische Wassermassen nicht spektakuläre Schlammbecken und schwefelnde Fumarolen folgen würden.
Bevor es zum Abendessen ins Laxá Hótel geht, steht noch ein ganz besonderer Tagespunkt auf dem Programm – die Grjótagjá Lavahöhle. Schwimmen ist hier zwar nicht mehr erlaubt. Aber auch so beeindruckt die kleine Grotte nicht nur wegen ihres kristallklaren Thermalwassers. Vor allem die Lage genau zwischen den Kontinentalplatten von Amerika und Europa macht sie zu etwas ganz besonderem.
Am nächsten Morgen fahren wir mit dem Auto nach Húsavík. Mit rund 2500 Einwohner:innen gehört die Stadt zu den größten hier im Norden und eignet sich aufgrund ihrer Lage in der Skjálfandi-Bucht gut als Startpunkt für Walbeobachtungstouren. Da das Wetter nicht mitspielt und das Meer ziemlich unruhig ist, entscheiden wir uns jedoch gegen eine Schiffsfahrt und für den Besuch im Geothermalbad Geosea.
Nach ein paar Stunden im Wasser und Kaffee mit Kuchen im Hérna-Café geht es zurück Richtung Mývatn. Die Abendplanung sieht noch Aufstieg und Umrundung des Hverfjall-Vulkans und ein Abendessen mit Stallbesuch im Vogafjós Farm Resort vor.
Tag 11-13
Am Morgen des nächsten Tages lassen wir den Mývatn-See hinter uns und machen uns auf den Weg nach Akureyri. Die Stadt am Fuße des Eyjafjördur Fjords eignet sich mit ihren vielen Geschäften hervorragend zum Auffüllen der eigenen Lebensmittelreserven. Und verschiedene Cafés und Restaurants warten auf Besucher:innen. Nach einem kleinen Stadtrundgang landen wir schließlich erneut im Wasser.
Die Forest Lagoon (Skógarböð) ist ein relativ neues Thermalbad mit Blick auf den Fjord und leckerem Cider im Angebot. Hier bleiben wir länger als geplant, bevor es weiter in unsere Unterkunft in den Sunnuhlid Houses geht.
An Tag 12 werden wir erneut von einem wolkenlosen Himmel begrüßt. Daher nutzen wir die Gelegenheit und verlassen nach einem weiteren Zwischenstopp in Akureyri erneut die Ringstraße 1. Im kleinen Küstendorf Hauganes versuchen wir vom Hafen aus ein paar Wale im Fjord zu entdecken.
Dann geht es weiter durch ein paar sehr, sehr lange Tunnel nach Siglufjörður. Siglufjörður ist die nördlichste Stadt Islands und liegt im gleichnamigen Fjord auf der Halbinsel Tröllaskagi. Hier lohnt ein Halt – und sei es nur, um sich im Heringsfangmuseum über die Glanzzeiten der Stadt zu informieren.
Nach einen gemütlichen Spaziergang durch das Zentrum von Siglufjörður fahren wir weiter nach Hofsós. Hier gibt es nicht nur ein interessantes kleines Schwimmbad zu bestaunen. Die spektakulären Staðarbjörg Basaltsäulen gleich nebenan sind ebenfalls einen Ausflug wert. Das gilt auch für die Grafarkirkja, eine der ältesten Kirchen auf Island, die nur wenige Autominuten entfernt liegt. Hier halten wir kurz, bevor es über Sauðárkrókur weiter nach Blönduós geht, wo wir im Hótel Blönduós übernachten.
Tag 13-15
Am nächsten Morgen verlassen wir Blönduós und fahren weiter Richtung Westen. Am Aussichtspunkt Vatnsdalshólar treffen wir auf einen sehr anhänglichen Schäferhund, der es bereits in zahlreiche Google-Rezensionen geschafft hat. Über die Landstraßen 68, 59, 60, 54 und 55 erreichen wir nach einem kurzen Zwischenstopp in der Erpsstaðir Creamery schließlich unsere nächste Unterkunft – die Eiðhús Apartments auf der Snæfellsnes-Halbinsel.
Nach Kaffee und Frühstück im RJÚK ANDI steht an unserem vorletzten Tag auf Island noch eine Tour über die Snæfellsnes-Halbinsel auf dem Programm. Der erste Stopp führt uns zum Ytri Tunga-Strand mit seiner beeindruckenden Robben-Kolonie, bevor wir bei der berühmten schwarzen Búðakirkja-Holzkirche die 54 verlassen und der 574 Richtung Südwesten folgen.
Hier, am Westende Islands, wechseln Landschaft und Wetter so schnell, dass bei den Zwischenstopps Flexibilität gefragt ist. Da es gerade nicht regnet, halten wir im kleinen Fischerort Arnarstapi und spazieren an der schwarzen Steilküste mit Höhlen und Felsentoren entlang bis zur imposanten natürlichen Steinbrücke. Am nächsten Parkplatz fahren wir erneut ab und machen eine Wanderung zu den berühmten Lóndrangar-Türmen aus Vulkanstein und weiter zum Leuchtturm von Malarrif.
Apropos Leuchtturm: Davon gibt es auf Island tatsächlich einige. Wer sie besuchen will, der muss ein paar Umwege in Kauf nehmen. Darum biegen wir am Skarðsvík-Strand kurz auf die 579 ab und folgen der sehr löchrigen Landstraße bis zum Öndverðarnesviti- und anschließend zum Svörtuloft-Leuchtturm.
Vorbei an den kleinen Fischerorten Hellissandur und Rif mit seinem verrosteten Schiffswrack am Strand geht es über Ólafsvík zurück auf die 54. Nächster Halt ist einer der wohl markantesten Berge Islands: der Kirkjufell.
Zum Abendessen fahren wir bis nach Stykkishólmur ins wunderbare Sjávarpakkhúsið. Weil irgendwann noch einmal die Sonne rauskommt, lassen wir den Tag bei einem Spaziergang über die Súgandisey-Insel mit Blick auf den Hafen von Stykkishólmur ausklingen.
Nach einer letzten Nacht in den Eiðhús Apartments geht es zurück Richtung Flughafen. Ein kurzer Zwischenstopp in Borgarnes, ein Umweg über den Hvalfjörður – dann lassen wir Reykjavík hinter uns. Die Thermalquellen Gunnuhver sind unser letztes Ausflugsziel, bevor wir unseren Mietwagen in Keflavík abgeben. Nach 3.300 Kilometern. Und ohne irgendeine Panne.
Tag 15-16
Die letzte Nacht auf Island verbringen wir im Hotel Berg mit Blick aufs Meer. Mit dem kostenlosen Hotel-Shuttle geht es am nächsten Morgen zum Flughafen. Vom Bargeld, das wir während der vergangenen zwei Wochen selten bis nie gebraucht haben, werden noch ein paar Tafeln isländische Schokolade gekauft. Dann startet auch schon der Flieger zurück nach Deutschland.
Hinter uns liegen zwei Wochen in einem der schönsten Länder der Welt. Mit viel Bewegung in der Natur, tollen Unterkünften, sehr gutem Essen und jeder Menge Ruhe. Selten waren meine Gedanken so weit entfernt von Arbeit und den Sorgen des Alltags wie hier im äußersten Nordwesten Europas. Und selten habe ich während eines Urlaubs so viele Fotos gemacht.